Chauvelin verließ Lamias Zimmer, um zu seinem eigenen zurückzukehren. Er war zugegeben verdammt erschöpft. Nicht nur seine Versuche Menschenblut zu trinken, sondern auch die Anspannung und das Gespräch hatten ihn erschöpft. Jahrzehntelang, hatte man ihm maximal einen Befehl hin und wieder gegeben, sonst war nur die ewige Stille. Er war so lange Gespräche und auch Konzentration nicht mehr gewohnt und es hatte ihn sehr angestrengt, so lang zu lauschen. Dann wurde wieder einmal sein Weltbild in einen Scherbenhaufen verwandelt und zum Schluss erfährt er, dass sein Erzfeind hier ist. Lamia glaubt, nur weil sie es sagt, würde er alles vergessen und mit Blakeney klar kommen. Sie hatte offenbar vergessen, was es heißt, jemanden aus tiefster Seele zu hassen, sonst hätte sie ihn wohl kaum ewig getrennt mit ihm zu versöhnen. Erfahrungen sollen jemanden verändern? Er hatte nicht eine positive Erfahrung in den letzten Jahrzehnten gehabt und jede schürte seinen Hass auf diesen Briten heimlich weiter. Früher hätte er ihm den Tod gewünscht, heute wäre das noch gnädig. Er wollte nicht jetzt noch ihn sehen, wo ihm dieses Leben jetzt schon zu viel wurde und er sich manchmal zurück in die Zelle wünschte, einfach weil da vielleicht physische Schmerzen waren, aber er hier ständig einen einen sprichwörtlichen Schlag nach dem anderen ins Gesicht bekam und ihn das mit jedem Mal mehr Kraft kostete. Er hatte sich das Leben draußen anders vorgestellt. Vermutlich käme er besser klar, wenn man ihn anschreien würde, ihn quält und erniedrigt, denn das war es, was er kannte, was ihm präsent war. Aber das, wie es nun war, das verwirrte ihn. Es raubte ihn Kraft und er wusste nicht damit umzugehen. Und dann sollte er jetzt, wo er am liebsten gar keine anderen sehen wollte, die beiden treffen, für die er wirklich etwas empfand und bei denen diese Empfindung abgrundtiefer Hass war? Nein, das würde er nicht tun. Er würde morgen einfach die Ruhe seines Zimmers genießen und die ganze Nacht lernen. Er wollte keinen sehen und er wollte nicht hinaus. Hier sitzen und zu lernen - das reichte ihm völlig, um so etwas wie Zufriedenheit zu verspüren.
Mit diesen Gedanken legte er sich hin und schlief schnell erschöpft ein.